Darlings Stimme klang schon fast beleidigt in meinem Kopf, als er Jonas mit seinen dunklen Knopfaugen fixierte.
Wieso soll es nicht klappen? Ich habe schon ganz andere Sachen geheilt.
Ich musste schmunzeln und Gitte sah mich irritiert an.
Ich erzählte ihr, wie Chris von dem Auto angefahren wurde als er Caesi retten wollte und dass die Knochenbrüche von Chris auf dem Weg zum Krankenhaus schon fast verheilt waren.
Während ich erzählte, begann Darling mit seinem Köpfchen zu nicken...hoch und runter, hin und her...
Ich hatte vorher den Eindruck gehabt, dass Jonas an diesen "Hokus Pokus" nicht so recht glaubte, aber nun spürte er die Energie fließen und als der Schmerz nachließ, konnte ich sehen wie er eine entspannte Haltung einnahm und tief durchatmete.

"Und?" Gitte sah ihren Mann fragend an.

"Schon viel besser!" Jonas bewegte ganz vorsichtig seinen Arm und sah Darling an. "Fertig?" fragte er.

Darling sprang als Antwort in Jonas' Arme und wurde von ihm reflexartig aufgefangen.
Sieht gut aus! hörte ich seine fröhliche Stimme in meinem Kopf.

Zelda wedelte begeistert mit dem Schwänzchen und hüpfte aufgeregt auf der Rückbank hin und her.

Gitte musste lachen. "Ich glaube Darling hat einen neuen Fan."

"Zwei!" Jonas drückte Darling an seine Brust. "Danke Darling. Jetzt brauche ich nicht mehr ins Krankenhaus."

Dann kam endlich das Fahrzeug des Pannendienstes....

Wir krachten aus voller Fahrt gegen einen Baum und wurden durch den Aufprall hart in die Sicherheitsgurte geschleudert. Dann wurde es schwarz vor meinen Augen.

Ich merkte etwas Nasses durch mein Gesicht wischen .... ein Waschlappen??? .... dann wie durch Watte hörte ich eine flehende Stimme: Linda, bitte, du musst aufwachen!
Mühsam schaffte ich es, meine Augen zu öffnen und sah Darling, der auf meinem Schoß saß, die Vorderpfötchen auf meinen Schultern und mir vorsichtig durch das Gesicht leckte.
Links neben mir bemerkte ich Ted, der verlegen sagte: "Es tut mir leid, dass ich den Hund losgemacht habe, aber er tobte hinten so sehr, ich dachte er erhängt sich gleich in seinem Sicherheitsgurt."

Rechts neben mir hörte ich ein leises Stöhnen. Chris!!! Ist er schwer verletzt? Was ist mit den anderen? Ich wollte mich umdrehen, aber ein starker Schmerz hinderte mich daran.

Sofort meldete sich Darling wieder: Bleib ruhig Linda. Es ist niemand lebensgefährlich verletzt.
Zelda ist total verängstigt, und die Schulter von Jonas war wohl noch nicht stabil genug....

"Ich habe schon Verstärkung aus der Werkstatt angefordert und der Rettungswagen ist unterwegs. Es tut mir so leid, das ist alles meine Schuld."
Teds Fröhlichkeit war wie weggeblasen.....

Während Darling sich um Ted kümmerte, versuchte ich mir ein Bild der Lage zu machen.
Da die Fahrertür sich nicht vollständig öffnen ließ, konnte ich nicht aussteigen. Chris neben mir war komplett eingeklemmt und dämmerte immer wieder weg. Er hatte bestimmt starke Schmerzen.
Meine Halswirbelsäule schmerzte so sehr, dass ich mich nicht umdrehen konnte. Also drehte ich den Rückspiegel so, dass ich die Rückbank sehen konnte.
Jonas war wieder bei Bewusstsein und hielt sich die Schulter fest. Zelda drückte sich verängstigt an die weinende Gitte, die offensichtlich auch einen Schock hatte.
"Jonas? Gitte? Seid ihr schlimm verletzt?" Meine Stimme versagte den Dienst....
"Ich ... ich weiß nicht..." schluchzte Gitte und Jonas meinte leise: "meine Schulter...ich kann den Arm nicht bewegen."
Da hörte ich Chris neben mir ganz aufgeregt fragen: "Caesi! Wo ist Caesi?"
"Schatz, Caesi hatten wir zu Hause gelassen, weil er nicht ins Auto wollte. Vielleicht hatte er schon eine Ahnung, dass etwas Schreckliches passieren wird."

Dann sah ich im Rückspiegel Blaulicht und gleich 2 Rettungswagen hielten neben uns an.....

Mir stockte der Atem, für einen Moment stand ich einfach nur bewegungslos da.
Dann rief ich so laut ich konnte
"FEUER!! ES BRENNT!!! "
Dann wurde ich wütend und drehte mich zu den Schaulustigen um. "Steht nicht so blöd rum! Helft lieber das Feuer zu löschen!"
Während die Rettungskräfte verzweifelt versuchten, Gitte aus dem Auto zu befreien, suchten die Gaffer nun in ihren Autos nach Feuerlöschern und Decken und versuchten, die Flammen zu ersticken. Einige schaufelten sogar mit bloßen Händen Erde auf die Fußmatten ihrer Fahrzeuge und warfen die Erde dann auf die Flammen.
Nur der arrogante Typ mit der Zigarette wollte sich klammheimlich verdrücken. Er hatte nicht mit Ted gerechnet. Ted sprintete hinter ihm her und packte ihn mit seiner großen Hand im Genick. "Hiergeblieben Freundchen!" zischte er. Dann sperrte er ihn kurzerhand in seinem Abschleppwagen ein.
Zufrieden wischte er sich die Hände an seiner Jeans ab und fing dann Darling und Zelda ein um sie zu beruhigen. Er bat sogar Darling darum, Zelda so zu helfen wie er ihm geholfen hat.

Jonas und Chris waren schon im Rettungswagen und wurden von den Sanitätern versorgt. Als Jonas allerdings sah, dass Gitte immer noch im Auto war und die Flammen immer wieder aufloderten, war er nicht mehr zu halten. Er stieß die Sanitäter zur Seite, riss sich die angelegte Orthese vom Arm und stürzte zu seiner Gitte ins Auto. Mit dem Mut und der Kraft der Verzweiflung schaffte er es wirklich und konnte Gittes Beine irgendwie aus der Klemme lösen. Er zerrte mit dem gesunden Arm an ihr, bekam sie aber nicht alleine heraus. Gemeinsam mit den Rettungskräften gelang es schließlich. Und kaum waren alle vom Auto weg explodierte der Tank mit einem ohrenbetäubenden Knall......

....und schmiedeten Zukunftspläne.
Gitte fasste zusammen: "wir brauchen ein Haus mit Garten für Zelda und genug Lagerfläche für unsere Sachen. Und ein neues Auto, das groß genug ist, um alles zu transportieren. Die Versicherung hat inzwischen gezahlt. Dann müssen wir noch in Deutschland unser Equipment für die Verkaufsstände holen und den Mietvertrag für unser Haus kündigen. Was machen wir mit den Möbeln? Verkaufen?
Aber ein paar besondere Schätzchen möchte ich auf jeden Fall behalten, da hängen zu viele Erinnerungen dran."

Chris erzählte von einem Bekannten, der ein Umzugsunternehmen hat. Der würde bestimmt die Sachen her holen und notfalls solange einlagern bis wir ein passendes Haus gefunden haben.

Ich suchte gerade im Internet ein Immobilienportal nach passenden Häusern durch, als ein neues Inserat online ging.
"Schaut mal hier - das ist ganz in der Nähe! Das sieht doch ideal aus!"

Jonas nahm sofort das Telefon und wählte die angegebene Nummer. Eine freundliche Stimme meldete sich: "Hallo, hier spricht Sonja Spreefeld...."

"Ja, das sieht wirklich passend aus. Es gibt sogar eine Klimaanlage und für den Winter einen kuscheligen Platz am offenen Kamin.
Die Regale im Lagerraum sehen allerdings sehr wackelig aus und die Einbauleuchten in der Küchendecke flackern leicht."
Ich hatte sehr genau hingeschaut. Gitte war so Reizüberflutet, dass sie es nicht bemerkt hatte.
Frau Spreefeld schaute zuerst etwas irritiert, dann lächelte sie freundlich und versprach, die Lampen noch auszutauschen und die Regale zu entsorgen.
Gitte wollte lieber ihre eigenen Regale aufstellen.
Man wurde sich schnell über den Mietpreis einig und das Haus wäre praktisch sofort frei.
Frau Spreefeld merkte noch an, dass Gitte und Jonas freie Hand bei der Gartengestaltung hätten.
"Ach, danke, aber das passt schon so wie es ist," sagte Gitte und drehte sich um die eigene Achse. "Jetzt müssen nur noch unsere Sachen aus Deutschland nach hier....."

"Nur zu....von mir aus gerne, wenn Sie sich um alles kümmern."
Frau Spreefeld war wirklich sehr unkompliziert.

"Wow!!!" Ich stand mit offenem Mund vor der Hütte. "Ist DIE hübsch! Wenn wir das Darlings nicht hätten, würde ich glatt dauerhaft hier einziehen. Aber so ist es ideal wenn wir gleich obendrüber wohnen."
Ich verzog bedauernd den Mund, drehte mich zu Gitte um und nahm ihre Hände in meine.
"Aber ich weiß schon, wer hier dann ganz sicher öfter sein wird."

"So so...Wer denn?" Gittes graublaue Augen funkelten vergnügt.

"Das ist genau das Richtige für Rosi und Micha. Die beiden lieben verwunschene Märchenhäuser, und Zelda wäre sicher glücklich wenn ihre kleine Freundin Ronja sie öfter besuchen käme."
Ich kannte meine Freundin Rosi sehr genau, sie wäre hin und weg von dem Häuschen. Den ersten Urlaub würde ich ihr spendieren. Ich hüpfte vor lauter Vorfreude auf der Stelle.

Der Mietvertrag war schnell unterzeichnet und Frau Spreefeld gratulierte Gitte und Jonas zum neuen Heim.
"Ihr seid so eine nette Truppe," sagte sie zu uns. "Wollen wir uns beim Vornamen nennen? Ich bin Sonja....."

Obwohl alles so gut lief, dauerte es dennoch einige Zeit, bis die Möbel in Deutschland verkauft bzw. nach Seignosse transportiert waren. Der alte Vermieter machte Probleme, weil seiner Meinung nach alles zu überstürzt sei.
Chris und ich unterstützen Gitte und Jonas beim Aussuchen von Möbeln und Dekos und beim Renovieren der Wohnung. Viel war dort aber nicht zu machen, es war alles sehr gepflegt und sauber.

Als wir dort soweit fertig waren, wollten wir im Ferienhäuschen gleich weiter machen.
Als ich mit Gitte in den hinteren Teil des Gartens ging, fiel uns sofort auf, dass die Tür nur angelehnt war. Als wir sie vorsichtig auf schoben rissen wir entsetzt die Augen auf.
Irgendjemand musste sich Zutritt verschafft und eine wilde Party veranstaltet haben. Alles war voller Müll und Schmutz.....

Selbst den Beiden schossen die Tränen in die Augen beim Anblick der ganzen Sachen, die einmal so schön waren und jetzt nur noch ein Haufen Müll.
Rosi nahm Gitte und mich in den Arm. "Oh nein! Wer macht denn sowas? Haben die nichts anderes zu tun?!!!" flüsterte sie fassungslos.
"Das Häuschen ist traumhaft schön, da kann man sich wirklich drin verlieben. Aber ihr wohnt doch in dem großen Haus. Was hattet ihr mit diesem hier vor?"

Wir hatten den Beiden noch nichts von den Plänen als Ferienhaus erzählt. Ich wollte Rosi eigentlich damit überraschen, dass sie dort Urlaub machen dürfen.
Ich sah fragend zu Chris, der zuckte nur mit der Schulter. Dann flüsterte er mir zu: "sie haben mitbekommen, dass etwas passiert ist und wollten unbedingt helfen. Was sollte ich denn machen?"

"Ja, ist schon gut." Ich zwinkerte ihm zu. "Wahrscheinlich können wir jetzt sowieso jede helfende Hand gebrauchen."

Wir gingen alle gemeinsam ins Haus und standen vor dem Loch in der Wand. Chris und Jonas leuchteten mit Taschenlampen in den Hohlraum hinter der Wand.
"Da ist entweder ein ziemlich großer Raum hinter oder ein Tunnel. Ich kann das Ende nicht sehen!" rief Jonas ganz aufgeregt.
"Ob wir reingehen sollen?"

Bevor irgend jemand antworten konnte, schoss plötzlich ein kleiner schwarz-weißer Blitz durch das Zimmer und Ronja verschwand hinter der Wand. Kurz darauf hörten wir sie aufgeregt bellen.....

"Heiliger Bimbam! Das sind ganz sicher keine Glassteinchen!"
Micha schaute fasziniert auf die Diamanten.
"Was machen wir denn jetzt?"
Allgemeine Ratlosigkeit....
Jonas hatte sich als erster wieder gefangen. "Wir können sie auf keinen Fall behalten. Die Steine nützen uns nichts, als Zahlungsmittel sind sie zu auffällig und bestimmt wird danach gesucht."
"Sie sind bestimmt gestohlen" stimmte Gitte ihm zu.
Micha machte ein enttäuschtes Gesicht. "Wenn ich etwas verloren habe, habe ich es nie zurück bekommen....aber ihr habt sicher Recht".

Wir machten uns mit den beiden Säckchen auf den Weg zur Polizei und berichteten, wie wir sie gefunden haben. Zum Glück glaubte man uns dort die kuriose Geschichte.

Später stellte sich heraus, dass die Steine aus dem größten Diamantraub der Geschichte 2003 in Antwerpen stammten. Der Wert betrug mindestens 100 Millionen Euro, wahrscheinlich mehr. Und wir bekamen 3 % Finderlohn. Das waren 3 Millionen Euro!!!!
Wir waren über Nacht Millionäre geworden!!!
Ronja und Darling wurden gefeiert, sie waren die Helden, die die Säckchen mit den Diamanten gefunden hatten.
Natürlich wurde gerecht geteilt, jedes Paar bekam 1 Million.
Jetzt konnten wir alle unsere Träume und Pläne verwirklichen....

Sie wollten ein eigenes "verwunschenes Häuschen" bauen und für immer darin wohnen.
Ganz in der Nähe des Hauses von Gitte und Jonas fanden sie ein kleines Grundstück mit Blick auf das Meer. Das Grundstück war rundherum mit einem hohen Holzzaun umgeben, so dass es von außen nicht einsehbar war. Davor waren prächtige Bougainvillea und Hibiskus gepflanzt. Inmitten von Palmen wurde ein Häuschen aus dicken Holzbohlen gebaut, mit bunten Fensterläden und einer umlaufenden Terrasse, die teilweise überdacht war. Dort stand auch ein großer gemauerter Holzkohlengrill. Im Garten war neben einer Rasenfläche mit Gartenmöbeln auch ein kleiner Teich mit einem Bachlauf und Seerosen. Drinnen gab es einen gemütlichen Kamin.
Im Schlafzimmer stand eines der von Gitte entworfenen Betten mit integriertem Hundebett.
Alle Möbel waren perfekt aufeinander abgestimmt und liebevoll mit vielen Pflanzen, ausgefallenen Dekoartikeln und Lichtquellen dekoriert.

Rosi hatte ihr Hobby zum Beruf gemacht und einen kleinen Onlineshop für Hundebedarf ins Leben gerufen. Dort konnte man vom Hundemantel über Halsbänder, Leinen, Pfotensalbe, Hundekeksen bis hin zu Halstüchern und Hundespielzeug alles kaufen was hund sich nur wünschen kann, alles von Rosi entworfen und selbst hergestellt.
Micha kümmerte sich um das Grundstück und unterstütze Rosi bei ihrer Arbeit wo er konnte.

So konnten die Freunde viel Zeit miteinander verbringen und sie zogen das Abenteuer magisch an.....

Unsere Reise begann im Yachthafen Capbreton und sollte uns entlang der baskischen Küste und des Golf von Biscaya führen.
Wir hatten Traumwetter und das Meer war ruhig. Wir brauchten nur das erste Stück aus dem Hafen heraus mit dem Motor fahren. Als wir auf dem Atlantik waren, konnten wir die Segel setzten und der leichte Wind reichte aus, um uns vorwärts zu bringen.
Conny und Biggi erklärten uns, wie das Segeln funktioniert und beantworten geduldig alle unsere Fragen. Die Stimmung war von Anfang an sehr ausgelassen und fröhlich.
Der erste Stopp führte uns in das elegante Seebad Biarritz, wo wir einen halben Tag an Land verbrachten und die schöne Stadt auf uns wirken ließen.

Nachdem wir dort noch vorzüglich gegessen hatten, gingen wir wieder an Bord und es ging weiter nach San Sebastián. Das bergige Baskenland stand in Kontrast zu den beiden wunderschönen Sandstränden von San Sebastián, wo wir ein paar schöne Stunden verbrachten.

Wir wollten noch durch den Golf von Biscaya bis Bilbao, der Hauptstadt des Baskenlandes und dann wieder Richtung Heimat. Ungefähr auf halbem Weg nach Bilbao wurde das Meer plötzlich unruhig und mir wurde mulmig im Bauch.
Na toll...jetzt werde ich auch noch seekrank! dachte ich und ärgerte mich über meinen empfindlichen Magen. Hätte ich bloß nicht so viel gegessen!

Als der Seegang immer stärker wurde, weil ein heftiger Sturm aufkam, wurden auch Gitte, Rosi und Susanne leicht grünlich im Gesicht.
Als Conny und Biggi mit Unterstützung der Männer eilig die Segel einholten, tobte der Sturm schon mit voller Wucht und sie waren alle völlig durchnässt.
Aber das sollte nicht alles bleiben.....